Die RhB Gmf 4/4 23404 „Bernina“ (D4), ex Gmf 4/4 28704, am 20.02.2017 im Bahnhof Landquart. Vielseitig fürs Gebirge ist diese Universallokomotive der RhB Infrastruktur.
Die Lok wurde 2013 von Schalker Eisenhütte Maschinenfabrik GmbH in Gelsenkirchen unter der Fabriknummer 2586, als Gmf 4/4 28704 für die RhB gebaut, 2015 wurde sie in Gmf 4/4 23404 „Bernina“ (D4) umbezeichnet.
Die vierachsige dieselelektrische Lokomotive Gmf 4/4 234 ist eine besondere Entwicklung von Schalke für den Bereich „Infrastruktur“ der Rhätischen Bahn (RhB) in der Schweiz. Ihr Design erfüllt verschiedenste Grundanforderungen für besondere Gegebenheiten: So verfügt die Bahn über ein kleines Lichtraumprofil (Tunnelprofil) und eine geringe Achslast von 16 Tonnen. Als Schmalspurbahn mit Meterspur fährt sie kleine Bogenradien von bis zu 40 m und ist für hochgelegene Einsatzgebiete mit hohen Steigungen von 70 ‰ als Adhäsionsbahn besonders geeignet. Außerdem ist die Lokomotive auch unter extremen klimatischen Bedingungen zuverlässig einsatzfähig, ihr Einsatzbereich reicht von -35°C bis +40°C, auch bei feinkristallinem Schnee ist sie fahrbereit.
Die Umsetzung dieser technischen Herausforderungen wurde vereint mit der Integration einer Vielzahl spezifischer Komponenten. So verfügt die Lokomotive unter anderem über vier verschiedene Bremssysteme, eine Mehrtraktionsfähigkeit von bis zu drei Lokomotiven, zudem sind sie mit Funkfernsteuerung ausgerüstet. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 100 km/h, die Lokomotiven können jedoch auch bei niedrigen Dauergeschwindigkeiten mit Schneepflügen oder Gleisbauzügen eingesetzt werden. Auch die offizielle Betriebsbewilligung des Schweizer Bundesamts für Verkehr (BAV) macht sie auf dem Markt für Diesellokomotiven einzigartig.
Ihr Haupteinsatzzweck ist der Transport von schweren Bau- oder Spezialzügen auch bei abgeschaltetem Fahrdraht, der Betrieb von Schneefräsen im Winter, das Abschleppen von havarierten Zügen und das Rangieren in den Bahnmeisterbezirken.
Bei der Rhätischen Bahn fahren die Lokomotiven auf einer spektakulären Strecke, die teilweise zum UNESCO Welterbe gehört. Sie ist durch sehr enge Bogenradien und sehr anspruchsvolle Steigungen und Gefälle gekennzeichnet.
Besondere Eigenschaften der Loks sind:
- Hohe Leistungsdichte mit 1.800 kW bei geringer Achslast und kleinem Lichtraumprofil
- Konzipiert für extreme Bedingungen wie Kälte und große Steigungen
- Neu entwickeltes Drehgestell für Höchstgeschwindigkeit 100 km/h und kleine Kurvenradien von bis zu 40 m
- Integration von vier verschiedenen Bremssystemen
Die Lokomotiven wurden bei der Schalker Eisenhütte konstruiert und endmontiert, die bereits 1969 zwei Baudiensttraktoren RhB Te 2/2 Nr. 74 und 75 an die RhB geliefert hatte. Im Jahr 2015 wurden die Loks umnummeriert. Neu tragen sie folgende Nummer: Gmf 4/4 234 01 bis 234 04 (D1 bis D4).
Der Lokkasten wurde bei der FTD Fahrzeugtechnik Bahnen Dessau in Stahlleichtbauweise geschweißt mit angeklebten GFK-Fronten und Seitenwänden aus Aluminiumwabenplatten.
Mit der Entwicklung der Drehgestelle beauftragte die Schalker Eisenhütte Maschinenfabrik GmbH das schweizerische Ingenieurbüro PROSE in Winterthur. Aufgrund der geringen Stückzahl von nur vier Lokomotiven wurde auf die Entwicklung spezieller Fahrmotoren verzichtet, zum Einsatz kommen Antriebe aus dem Asiarunner von Siemens Rail Systems. Die Aufhängung der Motoren erfolgt mittels Tatzlager-Antrieb.
Die Primärfederung erfolgt über Lemniskatenlenker, die somit robuste Konstruktion berücksichtigt die harten Einsatzbedingungen, auf radiale Einstellbarkeit wird verzichtet.
Besonders hohe Sekundärfedern mit speziellen Gummi-Kipp-Elementen tragen den anspruchsvollen Einsatzbedingungen mit sehr kleinen Kurvenradien Rechnung. Daraus resultiert ein geringer Ausdrehwiderstand auch in engen Bögen (kleinster befahrbarer Bogen: 42m). Für stabiles Fahrverhalten bei hohen Geschwindigkeiten auf der Geraden sind bei dem geringen Ausdrehwiderstand Schlingerdämpfer nötig. Von den Sekundärfedern gibt es je Drehgestell 4 Paare, wobei ein Paar aus innerer und äußerer Feder besteht. Die Zugkraft wird drehzapfenlos über Zug-/Druck-Stange an den Lokkasten übertragen. Besonders ist hierbei die doppelte Kröpfung. Nötig ist diese um trotz der großen Auslenkungen ausreichend Abstand zu anderen Bauteilen des Drehgestells zu halten.
Als Besonderheit ist die Materialwahl zu sehen: Um dem angestrebten Winterdienst Rechnung zu tragen ist ein Stahl mit hoher Duktilität bei niedrigen Temperaturen gewählt worden.
Neben dem MTU-Motor ist ein 37 Kilowatt-Hilfsdiesel mit Generator installiert. Bei stehender Lok sorgt er für die Bordstromversorgung bei abgeschaltetem Hauptdiesel sowie die Versorgung von externen elektrischen Anlagen oder Arbeitsgeräten an Baustellen.
Der Auftragswert für die vier dieselelektrische Universallokomotive Gmf 4/4 betrug rund 25 Millionen Franken.
Technische Daten der Gmf 4/4 :
Hersteller: Schalker Eisenhütte Maschinenfabrik GmbH
Hersteller Typenbezeichnung: RDE1800-D064-1000-2586/2013-CH
Anzahl: 4
Baujahr: 2013
Spurweite: 1.000 mm
Achsanordnung: Bo’Bo’
Länge über Puffer: 16.690 mm
Drehzapfenabstand (theoretisch): 9.800 mm
Radsatzstand im Drehgestell: 2.300 mm
Breite: 2.650 mm
Höhe: 3.885 mm
Treibraddurchmesser: 1.070 mm (neu)
Motor: V 12-Zylinder-Dieselmotor vom Typ MTU 12V 4000 R43L (Stage III b)
Antrieb: dieselelektrisch
Antriebsstrang: Wechselstromtechnik (AC)
Gewicht: 64 t
Leistung: 1.800 kW
Max. Geschwindigkeit: 100 km/h
Tankinhalt: 2.500 l
Max. Anfahrtszugkraft: 230 kN
Dauerzugkraft: 160 kN
Kleinster bef. Halbmesser: 40 m
Max. Anhängelast (Doppeltraktion) bei 70‰: 140 t
Max. Anhängelast (Doppeltraktion) bei 25‰: 420 t
Armin Schwarz 07.04.2017, 469 Aufrufe, 0 Kommentare
EXIF: Canon Canon EOS 6D, Belichtungsdauer: 0.013 s (1/80) (1/80), Blende: f/10.0, ISO200, Brennweite: 32.00 (32/1)
516 1200x830 Px, 07.04.2017
311 2 1045x1200 Px, 26.02.2017